Deckel FP1 Fräsmaschine - (M)ein Bastlertraum
- Teil 1 -

Bild 1 - Foto meiner FP1 aus dem Inserat
Vorgeschichte:
Im Jahr 2018 konnte ich mir einen lang gehegten Wunsch erfüllen: Eine eigene Drehmaschine.
Es ist eine Weiler LD220W geworden, die "kleine Schwester" der weiter verbreiteten LZD220.
Bis auf die (fehlende) Zugspindel sind sie beinahe baugleich.
Wenn irgendwann genug übrige Zeit ist, werde ich auch zur Drehmaschine einen Bericht erstellen.
Doch schon nach einigen Monaten kam der Wunsch auf, auch mal nicht rotationssymmetrische Teile herzustellen.
Der Versuch die Drehmaschine für kleine Fräsearbeiten mit einem Frässupport aufzurüsten sind kläglich
gescheitert. Auch ein X-Y-Tisch auf einem robusten Bohrständer brachte nicht die gewünschte Stabilität fürs Fräsen
und so wuchs der Wunsch auch eine "richtige" Fräsmaschine zu haben.
Der Platz in meiner kleinen Kellerwerkstatt ist wirklich knapp: ca. 15qm müssen für die komplette Lagerhaltung
und die Elektro- und Mechanikwerkstatt ausreichen. Aber wo ein Wille ist....
Wie auch schon bei der Drehmaschine habe ich einige Monate damit zugebracht mir darüber klar zu werden,
welche Eigenschaften und welche maximale Größe die Fräse haben soll bzw. darf.
Man hat heutzutage eine recht große Auswahl an Metallbearbeitungsmaschinen chinesicher Herkunft, die
zum Teil auch zu bastlerfreundlichen Preisen angeboten werden. Aber es ist wie immer im Leben:
"you get what you pay for". An eine Neumaschine (wie z.B. eine BF16/BF20) in der Preisklasse 1.000,- bis 2.000,-
darf man eben keine so hohen Erwartungen haben wie bei einer Industriemaschine europäischer Bauart, die vor
Jahrzehnten mal so viel wie ein Reihenhaus gekostet hat. In diversen Foren (z.B. Zerspanungsbude, cnc-ecke)
wird das Für und Wider von Neu aus China bzw. Alt und Made in Germany immer wieder konrovers diskutiert.
Da der Platzbedarf und das Gewicht bei der Einbringung in den Keller bei mir (leider) eine entscheidende Rolle spielen
und die Einbringung der 250kg schweren Drehmaschine damals drei Männer schon fast an ihre Grenzen gebracht hat,
hatte ich den Traum von einer alten Industriefräsmaschine - die fangen erst bei ca. 500kg an - schon fast ad acta gelegt
und angefangen mich mit der F205-V oder F400-G von Paulimot anzufreunden.
Welch ein Glück, dass diese Maschinen - als meine Kaufabsicht "ernst" wurde - gerade ausverkauft und der nächste Liefertermin
in unbekannter Ferne lag.
Das war dann die Gelegenheit doch wieder bei Ebay und in den Kleinanzeigen die Fühler nach einer "richigen" Fräse auszustrecken.
Mein heimlicher Favorit war schon länger die Deckel FP1. Warum? Es gibt für diese Maschine "unendlich" viel Zubehör (wenn auch
sehr teuer) und man kann sie noch als klein und kompakt durchgehen lassen.
Die FP1 ist der absoluter Klassiker unter den Fräsmaschinen - vergleichbar mit dem VW Käfer bei den Autos: Die FP1 wurde mit nur relativ kleinen Änderungen und Verbesserungen von den 1930ern bis in die
1980er, also fast 60 Jahre lang produziert!
Die Neueren (und noch entsprechend gut erhaltenen) aus den '80ern sind aber so begehrt, dass sie für Hobbybastler nicht bezahlbar sind.
Aber fragen Sie mal doch Ihre Frau: Kaufen wir ein neues Auto oder eine generalüberholte FP1 Aktiv? Kostet ungefähr
das gleiche. :-)
Selbst bei den (deutlich) älteren Mascheinen ist das Preisniveau noch vergleichsweise hoch, auch wenn dann freilich
mit höherem Verschleiß zu rechnen ist.
Ersatzteile sind zwar noch zu bekommen, aber gebrauchte Teile sind schon ganz schön teuer und neue Ersatzteile
werden fast zum Goldkurs gehandelt.
Es ist wie beim Gebrauchtwagenkauf: Man sollte so eine (alte) Maschine niemals ungeprüft kaufen. Ein Probelauf bei dem
man alle Funktionen einmal durchprobieren kann ist das absolute Minimum, um nicht am Ende mit einem Faß ohne Boden dazustehen.
Viele Gebrauchtmaschinen werden von Händlern (mehr schlecht als recht) neu lackiert, damit sie auf den Fotos besser
rüberkommen. Darauf sollte man nichts geben.
Anders als beim Auto sind bei Werkzeugmaschinen äußerliche Kratzer und Scharten (nach meinem Verständnis!) völlig unschädlich. Eine Fräsmaschine
parkt nicht im Regen und Streusalz bekommt sie im Winter auch nicht ab.
Aber selbst wenn beim kurzen Probelauf im großen und ganzen alles in Ordnung ist, so können sich später trotzdem
noch unschöne Überraschungen herausstellen, die das Schnäppchen zum teuen Hobby machen können.
Aber so ist das halt beim Gebrauchtkauf, ein gewisses Risiko ist dabei.
Aber zurück zu meiner FP1...
Im Mai 2019 entdeckte ich bei Ebay Kleinanzeigen ein Inserat über eine FP1. Ein Aspekt in dieser Annonce war für mich
besonders interessant: Der Verkäufer bot die Lieferung der Maschine gegen eine Kilometerpauschle an.
Bei ca. 700kg muss man sich schon vorher gut überlegen, wie man dieses Gewicht (sicher!) zu handhaben gedenkt.
Viele Verkäufer bieten an die Maschine auf eine Palette zu schnüren, so dass man sie von einer Spedition abholen lassen
kann. Vorsicht vor dem Kleingedruckten: In der Regel endet die Leistung der Spedition mit der Lieferung frei Bordsteinkante.
Man kann natürlich hoffen, dass man an einen freundlichen Fahrer gerät, der einem das Teil für ein Trinkgeld ein paar
Meter weiter fährt. Bei der ersten Stufe ist aber für den Hubwagen Schluß. Aber was tun, wenn die Lieferung nicht zum vereinbarten
Termin erfolgt und man kommt abends heim und es steht eine Fräsmaschine unter freiem Himmel in der Einfahrt?
Ein solches Risiko wollte ich nicht eingehen!
In meinem Fall hat mir der Verkäufer zugesagt, die Maschine mit einem mitgebrachten Hubwagen bis in meine
Garage zu fahren.
Nachdem die Besichtigung positiv ausfiel und noch über etwas Zubehör verhandelt wurde, konnte ich nicht mehr
widerstehen und habe nach einer schlaflosen Nacht zugesagt. :-)
Gut eine Woche später fuhr der Verkäufer mit einem absenkbaren Motorrad-Anhänger bei mir vor. Sehr raffiniert:
Über eine Hydraulik wird die Plattform des Hängers hinten bis auf Bodenniveau abgesenkt, so dass die Maschine
mit dem Hubwagen ohne jede Stufe abgeladen werden konnte.
An die kleine Schwelle meiner Garage habe ich ein paar Bretter gelegt und schupps stand eine FP1 in meiner
Garage. Sicher und trocken, bereit von mir in aller Ruhe zerlegt und gereinigt zu werden.

Bild 2 - Ankunft!

Bild 3 - Anlieferung mit Motorradanhänger: Das Abladen geht damit sehr elegant!
Ein paar Daten:
Baujahr: ca. 1941
Seriennummer: 19813
Modelltyp: MK1 (Gleitlagerspindeln, Vorschub über Wechselräder)
Spindelaufnahmen: MK4 mit S20x2 Anzugsstangen
Wege: X 250mm, Y 150mm, Z 340mm
Mit dabei ist der schwenkbare Tisch
Die Maschine wurde 1969 von der Fa. Kurt Borchert in Berlin generalüberholt

Bild 4 - Das Typenschild meiner FP1

Bild 5 - Vor 50 Jahren wurde die Maschine "runderneuert"
Weiter gehts mit Teil 2...
R. Emling, Juli 2019