Wechsel der Bremsbeläge und Bremsscheiben der Vorderachse beim Opel Omega B

Beschrieben wird der Wechsel der Bremsen beim Omega B, 2.0 16V, Limousine, Baujahr 1996, Schlüssel-Nr. 0039/906.

Der Wechsel dieses "ATE"-Bremssystems wird im Folgenden beschrieben:

 

Neuere Modelle (ab Fahrgestellnummer W1000..) benötigen andere Teile, zudem sind diese zusätzlich mit einem Verschleiß-Sensor ausgestattet, welcher auch getauscht werden muss. Die nachfolgende Beschreibung ist bei diesen daher nicht 1:1 anwendbar:

 

Wichtig:

Sicherheitshinweise:

 

Benötigte Werkzeuge:

Für diese Arbeiten sind definitiv hochwertige und robuste Werkzeuge notwendig, insbesondere der 7mm Inbus, die 18er Nuss sowie die Ratsche müssen viel aushalten!
Ratsche 1/2" mit 17er und 18er (in Worten: achtzehn!) Nuss. Verlängerung 100mm.
1/2" Innensechskant-Nuss 7mm (in Worten: sieben!). Notfalls geht auch ein L-förmiger Inbusschlüssel mit einem aufgeschobenen Rohr (ca. 25cm).
Drehmomentschlüssel einstellbar auf 30, 95 und 110Nm.
5mm Innensechskantschlüssel (Inbus), div. Schraubendreher, Spitzzange, Hammer, Gummihammer,
Drahtbürste, Zündkerzenbürste, ca. 80cm stabiler Draht. Schraubensicherungslack (z.B. Loctite).
Rostlöser (z.B. Caramba) kann die Arbeit erheblich erleichtern.


Nicht in jedem Werkzeugkasten zu finden: 18mm Schlüssel und 7mm Inbus!

 

Benötigtes Material:

Vier neue Bremsbeläge und ein Montageset bestehend aus zwei Haltefedern.
Zwei neue belüftete Bremsscheiben. Diese müssen ggf. vor dem Einbau mit Lösemittel von einer Schutzschicht befreit werden.
Kupferpaste (Hochtemperaturfestes Schmiermittel)

 

Im Folgenden wird die Reparatur am linken Vorderrad beschrieben, für rechts gilt entsprechendes:

Los gehts:

Lenkradschloss einrasten lassen, damit sich beim aufbocken kein unerwünschter Lenkeinschlag ergibt. Radmuttern am Vorderrad eine Umdrehung lockern.
Wagen an einem Vorderrad aufbocken. Radmuttern ganz lösen und Rad abnehmen. Ein robuster und kippsicherer Abstellbock ist wichtig, da teilweise mit recht viel Kraftaufwand gearbeitet werden muss und die Unterlegkeile keine perfekte Fixierung des Fahrzeugs ermöglichen. Man darf sich auf keinen Fall allein auf den Wagenheber als Stütze verlassen!

 

1. Demontage des Bremssattels

Halteklammer der Bremsleitung (im Bild unten 1) am Federbein in Fahrtrichtung mit einer Zange herausziehen, dann kann die Bremsleitung aus der Halterung herausgenommen werden. Damit bekommt die Leitung bei der Demontage des Bremssattels etwas Bewegungsspielraum und wird mechanisch weniger belastet.

Mit einer Spitzzange die Halteklammer vom Bremssattel abziehen (Im Bild 2 und 2a). Mit einem kleinen Schraubendreher die beiden Plastikkappen hinter dem Bremssattel herausdrücken (3 und 3a). Die beiden dahinter befindlichen Schrauben mit dem 7mm Inbus herausdrehen. Hierfür ist im ersten Moment ggf. erheblicher Kraftaufwand notwendig.
Die mit einem roten Kreuz gekennzeichneten Schrauben sind tabu!

 

Nun kann der Bremssattel mit einem Schraubendreher abgedrückt werden. Dabei diesen festhalten, damit die Bremsleitung nicht auf Zug belastet wird.
Anschließend den hinteren Bremsbelag aus dem Bremssattel herausziehen und den Bremssattel mit einem Draht am Federbein aufhängen. Den zweiten Bremsbelag aus dem noch am Achsschenkel befestigten Träger herausziehen:

 

2. Demontage des Bremsträgers

Der Bremsträger ist mit zwei 18er Schrauben am Achsschenkel befestigt (4 und 4a). Da diese mit Schraubensicherungslack und hohem Drehmoment montiert sind, erfordert die Demontage hochwertiges Werkzeug und relativ großen Kraftaufwand! Ggf. muss die Ratsche mit einem Rohr verlängert werden, um das notwendige Drehmoment aufbringen zu können.
U.U. ist es auch hilfreich zuvor etwas Rostlöser aufzubringen und diesen einwirken zu lassen, und zwar einmal am Schraubenkopf und einmal am Übergang vom Träger zum Achsschenkel.

 

3. Demontage der Bremsscheibe

Wurde der Bremsträger entfernt, so wird die Bremsscheibe nur noch mit einer Schraube an der Radnabe gehalten. Diese wird mit einem 5mm Inbus gelöst. Lässt sich die Scheibe nicht gleich abnehmen, so kann man sie mit leichten (!) Schlägen mit einem Gummihammer von innen her lockern und dann abnehmen.

 

4. Entrostung

Mit einer Drahtbürste wird der Bremsenträger vom groben Rost befreit. Insbesondere die Gleitflächen für die Bremsbeläge müssen intensiv gereinigt werden.
Auch die Radnabe, der Achsschenkel sowie das dahinter befindliche Blech wird mit der Bürste entrostet, insbesondere die Radnabe muss frei von Unebenheiten sein, damit die neue Bremsscheibe plan anliegen kann.

Der Bremssattel muss ebenfalls entrostet werden: Hierbei ist aber besondere Vorsicht geboten, um einerseits den Bremsschlauch nicht durch Verdrehen oder starken Zug zu belasten, andererseits darf auch der um den Bremszylinder angeordnete Gummibalg nicht mit der Drahtbürste beschädigt werden. Für die Reinigung des Bremssattels eignet sich eine kleine Zündkerzenbürste am besten. Der Bremssattel wird anschließend wieder an dem Draht aufgehängt.

 

5. Vorbereitung der neuen Bremsscheiben

Neue Bremsscheiben sind zumeist mit einem öligen Lack korrosionsgeschützt. Dieser muss insbesondere an den Gleitflächen vor der Montage vollständig entfernt werden. Hierzu verwendet man Spiritus, Terpentinersatz oder ein vergleichbares Lösemittel auf einem fusselfreien Lappen. Auch die Auflagefläche der Bremsscheibe muss gereinigt werden, da Rückstände ein planes anliegen an der Radnabe verhindern und damit später eine Unwucht und Vibrationen in der Lenkung verursachen.

 

6. Montage der neuen Bremsscheibe

Die neue Scheibe wird auf die Radnabe aufgesetzt und mit einer Schraube befestigt. Diese nur leicht mit 3Nm anziehen.

 

7. Montage des Bremsenträgers

Sind die Schrauben des Bremsträgers noch in guten Zustand, können diese wieder verwendet werden. Der alte Schraubensicherungslack ist vor der Montage zu entfernen und durch neuen zu ersetzen. Die Schrauben werden mit 95Nm angezogen und dann noch um 45° (eine achtel Umdrehung) weitergedreht.

Anschließend werden die Flächen des Bremsträgers, die später Kontakt mit den Bremsbelagträgern haben, dünn mit Kupferpaste bestrichen. Dabei ist darauf zu achten, dass die Bremsscheibe sauber bleibt.

Die vier Bremsbelagsträger werden im Bereich der "Ohren" dünn mit der Kupferpaste bestrichen. Keinesfalls darf diese auf die Reibfläche gelangen! Auch die Stirnfläche des Bremszylinders wird dünn mit Kupferpaste bestrichen.

Der äußere Bremsbelag wird nun auf den Bremsträger aufgesetzt, der innere Belag wird in den Bremssattel eingesetzt, wobei dieser mit den rückseitigen Halteklammern in den Bremszylinder geschoben wird:

 

Nun wird man feststellen, dass sich der Bremssattel wegen der neuen und damit dickeren Bremsbeläge nicht mehr auf den Bremsträger aufsetzen lässt.
Um dies zu ermöglichen, muss der Bremszylinder um einige Millimeter zurückgedrückt werden:

Dazu öffnet man im Motorraum den Verschlussdeckel des Bremsflüssigkeitsbehälters (zuvor Stecker abziehen), damit sich kein Überdruck aufbaut:

Steht kein spezielles Bremsenrückstellwerkzeug zur Verfügung, kann man sich folgendermaßen behelfen:
Es wird der Zylinder mitsamt aufgesetztem Bremsbelag mit Hilfe eines Hammerstiels einige Millimeter weit ins Gehäuse hineingedrückt. Ein Verkanten des Zylinders ist hierbei unbedingt zu vermeiden! Muss der Zylinder sehr weit hineingedrückt werden, zwischendurch den Füllstand des Bremsflüssigkeitsbehälters prüfen, damit nichts überläuft.
Vorsicht: Bremsflüssigkeit ist giftig und wirkt stark korrosiv!

Lässt sich der Bremssattel aufschieben, den Deckel des Behälters wieder verschließen, da die Bremsflüssigkeit Luftfeuchtigkeit anzieht und damit ihre Wirksamkeit nachlässt.

Vor dem endgültigen Aufsetzen des Bremssattels wird die dem Bremszylinder gegenüberliegende Fläche des Bremssattels, auf der später die Rückseite des äußeren Bremsbelags aufliegt sehr dünn mit Kupferpaste bestrichen.

Bremssattel aufsetzen und mit den beiden 7mm Inbus Schrauben wieder fixieren, das Anzugsmoment beträgt 30Nm.
Anschießend die Plastik-Schutzkappen wieder aufstecken.
Beim aufsetzen des Bremssattels ist darauf zu achten, dass der Bremsschlauch nicht verdreht wird!

 

Nun wird mit Hilfe einer Zange eine neue Haltefeder gemäß Abbildung eingesetzt. Der korrekte Sitz dieser Feder ist für eine einwandfreie Funktion der Bremse wichtig!

 

Die Bremsscheibe muss sich mit leichtem Widerstand von Hand drehen lassen. Stellenweise kann es etwas schwerer gehen, da sie in diesem Moment nur mit einer Schraube fixiert ist und eine gewisse Unwucht noch unvermeidbar ist, solange das Rad nicht montiert wurde.

Nun wird der Bremsschlauch wieder in seine Halterung eingesetzt und mit der Halteklammer fixiert.

Um ein Festrosten der Felge an der Bremsscheibe zu verhindern, kann die Auflagefläche dünn mit einem MoS-haltigen Fett bestrichen werden.
Nun wird das Rad aufgesetzt und die Radmuttern handfest angezogen. Den Wagen soweit absenken, dass das Rad den Boden berührt und es sich nicht mehr frei drehen lässt. Die Radmuttern stärker festziehen, dann den Wagen ganz ablassen und die Muttern endgültig mit 110Nm (*) festschrauben.
(*) ich persönlich bevorzuge ein Anzugsmoment von 160Nm (für Stahlfelgen).

Vorher - Nachher:

 

Nun werden am rechten Vorderrad alle Schritte von oben wiederholt...

 

Nach abgeschlossener Arbeit den Kabelstecker wieder am Verschluss des Bremsflüssigkeitsbehälters einrasten lassen.

Nun die Fußbremse mehrmals betätigen, das Pedal muss sich hart anfühlen und darf mit der Zeit nicht nachgeben, ansonsten muss die Bremsanlage umgehend entlüftet werden!

Motor starten und Bremse erneut pumpen bis ein deutlicher Gegendruck spürbar ist. Langsam anfahren und bei geringem Tempo mehrere Bremsversuche durchführen. Bei neuen Bremsscheiben sollten Vollbremsungen während der ersten 200km nach Möglichkeit vermieden werden, da sich diese ansonsten verziehen können.

Den festen Sitz der Radmuttern nach einigen Tagen nochmals überprüfen!

Ist beim Bremsen ein vibrieren des Lenkrades festzustellen, so liegen die Scheiben entweder nicht plan auf der Radnabe auf oder sind bereits werksseitig nicht perfekt ausgewuchtet. Tritt dieser Effekt erst nach einiger Zeit auf, so haben sich die Scheiben mit hoher Wahrscheinlichkeit verzogen. Um sicherzustellen, dass die Bremsscheiben Ursache dafür sind, probeweise Räder vorne und hinten vertauschen, um eine durch die Räder hervorgerufene Unwucht ausschließen zu können.

 

Alle Angaben erfolgen ohne Gewähr und unter Ausschluß jeglicher Haftung!

Rainer Emling, 30.08.2006